Das Geschäft mit dem virtuellen Weizen

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FLACHGAU. „Bei uns gibt es keine Bauern, die mit Getreide spekulieren“, weiß Händler Franz Vogl. „Dafür wird zu wenig angebaut. Für ein Termingeschäft braucht man zumindest 50 Tonnen.“ Ein Termingeschäft dient für Landwirte im Grunde als Absicherung. Verkauft wird zu einem bestimmten Preis, geliefert wird Monate später. Damit gibt der Landwirt das Risiko ab und weiß im Voraus, wie viel er für die kommende Ernte bekommt. Solche Termingeschäfte ermöglichen Spekulationen, die den Preis maßgeblich beeinflussen.

Grundsätzlich wird dieser durch Wettervoraussagen und tatsächliche Ernteergebnisse bestimmt. Spekulationen verstärken die Schwankungen enorm. „Wird in großen Mengen spekuliert, resultiert daraus eine virtuelle Getreideknappheit“, erklärt LAbg. Josef Schöchl, der die Diskussion über Lebensmittelspekulationen in den Landtag brachte. Sein Vorschlag: „Der Markt muss mehr Transparenz bekommen. Jeder muss sehen können, wie viel tatsächlich vorhanden ist. Eine Datenbank über alle 85 Warenterminbörsen würde helfen. Ein weiterer Ansatz wäre die Besteuerung. Der Spekulation mit Grundnahrungsmitteln muss man auf jeden Fall einen Riegel vorschieben.“ Schöchl hat einen Antrag im Landtag gestellt, die Lebensmittelspekulation zum Thema zu machen. Dieser wurde einstimmig angenommen. „Wir wollen Bewusstsein schaffen. Entscheiden und handeln müssen dann die G20. Durch diese Preise wird die Hungersnot immer größer.“

„Die vorhandene Menge an Getreide wird zum Teil 20 Mal gehandelt“, erklärt Vogl. „Bei starken Preisausschlägen ist an der Börse Geld zu verdienen. Diese Leerkäufe sind ein reiner Papierhandel. Zum Lieferzeitpunkt hat der Händler das bestellte Getreide schon längst weiter verkauft. Am Markt fehlt diese Ware und das bringt den Markt durcheinander. „Die Papiere sind frei handelbar, man kann durchaus über zwei Jahre hinweg mit derselben Menge Weizen spekulieren“, erklärt Felix Wallner von der Siglmühle in Seekirchen. „Im Vorjahr gab es einen Tag an der Warenbörse in Chicago, an dem ein Sechstel der Weltjahresproduktion gehandelt wurde.“

Zwei Börsen entscheidend
Auch die Siglmühle spürt die Preisschwankungen und gibt sie direkt an die Kunden weiter. „Vergleicht man die heutige Situation eines Landwirts mit der vor zehn Jahren, kann man sicher sagen, dass die Futterpreise um 50 bis 60 Prozent gestiegen sind“, sagt Wallner.

Maßgeblich sind zwei Getreidebörsen – die in Chicago und die in Paris. Die österreichische Produktion wird zwar erfasst, fällt aber nicht ins Gewicht. „Seit heuer beeinflusst die Schwarzmeerregion den Weltmarkt wieder sehr. Am stärksten sind die USA und Südamerika. Deutschland produziert auch gewaltige Mengen.“

Versorgungsprobleme
Schwer macht es den Getreidehändlern und -käufern aber nicht nur die Situation an der Börse, sondern auch die Biogas- und Bioethanolproduktion. „In der Bioethanolproduktion in Pischelsdorf wird gleich viel Getreide verarbeitet wie in allen österreichischen Mühlen zusammen“, weiß Wallner. „Wenn wir in der Region eine schlechte Ernte haben, dann haben wir ein Versorgungsproblem. Der Wettbewerb von Biogas und herkömmlicher Landwirtschaft wird immer mehr.“ Aktuell sind die Getreidepreise etwas gesunken – die Ernte heuer war gut – „aber immer noch zu hoch“, sagt Wallner.

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