Kampf um Hausapotheke

Nach der jetzigen Gesetzes-lage wird Rabenstein in Zukunft keine ärztliche Hausapotheke mehr haben, was Bürgermeister Wittmann heftige Töne gegenüber der Apothekerkammer anschlagen lässt.
RABENSTEIN (wp). „Es geht Ihnen nur um Ihr finanzielles Wohlergehen. Ob und wie die Menschen (am Land) mit Arzneimittel versorgt werden, ist Ihnen scheinbar egal“, schreibt Bgm. Kurt Wittmann (ÖVP) in einem emotionalen Brief an den NÖ Apothekenkammerpräsident Werner Luks. Luks hat sich den Unmut des Ortschefs zugezogen, da der Gemeinde aufgrund einer Gesetzesänderung aus den letzten Jahren langfristig der Verlust der ärztlichen Hausapotheke droht, und Luks in den Augen des Bürgermeisters trotz einer Petition der Gemeinde nichts dagegen unternimmt.

Gesetz ist Gesetz
„Ein Arzt darf eine Hausapotheke nur dann betreiben, wenn sich die nächste Apotheke weiter als sechs Kilometer von der Ordination des Arztes entfernt befindet“, kontert Präsident Luks, „das ist Gesetz.“. Er wolle auf das „aggressive Schreiben“ des Bürgermeister nicht antworten, erklärt Luks.

„Für betagte Leute unzumutbar“
„Die nächsten Apotheken sind zwar knapp unter sechs Kilometer entfernt“, berichtet Dr. Michael Stolz, „diese sind aber gerade für betagte Menschen öffentlich sehr schwer erreichbar,“ so der Arzt. „Man kann doch einem gebrechlichen Menschen nicht zumuten, bei einer Erkrankung mit der Mariazellerbahn, die nicht so häufig verkehrt, nach Kirchberg oder Hofstetten zu fahren, in der Apotheke dort das Medikament zu holen und damit wieder zum Arzt zurückzukehren, damit dieser es ihnen verabreicht. Wozu dieser Unsinn?“ – Durch die ärztliche Hausapotheke wird ihm die Bürde erspart. „Wir werden alles unternehmen, damit uns dieser unhaltbare Zustand erspart bleibt“, erklärt Bgm. Wittmann gegenüber dem Bezirksblatt. „Ich habe natürlich Verständnis für die Sorge des Bürgermeisters“, räumt Luks ein, „allerdings bieten viele Landapotheken einen Zustelldienst. Ich denke, wenn man sich zusammensetzt, kann man Lösungen finden, die dem Gesetz auch entsprechen“. Dass eine Hausapotheke eine zusätzliche Einkommensquelle für einen Arzt darstellt und gleichzeitig für Umsatzeinbußen der nächstgelegenen Apotheke sorgen kann, wird weder von Ärzte- noch Apothekerkammer bestritten. Ohne Hausapotheke ist ein angemessenes Einkommen für einen Landarzt nicht gesichert, und immer weniger Ärzte werden sich daher in wenig besiedelten Gebieten niederlassen, hegt man Befürchtungen seitens der Ärztekammer. Dem widerspricht Luks: „In Städten betreut ein Arzt oft viel weniger Patienten als am Land, da ja die Auswahl an niedergelassenen Ärzten und damit der Mitbewerb höher ist. Ich glaube nicht“, so Luks, „dass es Dr. Stolz oder seinem Nachfolger ohne ärztlicher Hausapotheke finanziell schlecht gehen würde“.

Hackln fliegen tief
Aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils aus dem Jahre 2006 droht kleinen Landgemeinden langfristig eine schlechtere Versorgung mit Medikamenten. So sieht es jedenfalls die Ärztekammer.Der Urteilsspruch des Verfassungsgerichtshofs bedingt, dass ärztliche Hausapotheken zugunsten von Apotheken zurückgedrängt werden. Etwa dann, wenn sich die nächste Apotheke näher als sechs Kilometer zum niedergelassenen Arzt befindet. Im Fall von Rabenstein würde die Bestimmung schlagend werden, sobald der dort niedergelassene Arzt aus irgendeinem Grund seine Ordination schließt. Seinem Nachfolger wäre die Führung einer Hausapotheke verboten, was dem Bürgermeister Sorgenfalten bereitet. Demgegenüber stehen die Interessensverbände der Ärzte und Apotheker, zwischen denen die Hackln tief fliegen, denn es geht (auch) um Geld und Vormachtstellung. Keiner lässt sich gern in die Suppe spucken. Im Spiel der mächtigen Lobbys ist Bgm. Wittmann zwar nur eine Randerscheinung, sein forsches Vorgehen um die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung zu garantieren, ist legitim. Dafür sind auch heftigere Worte durchaus angebracht.
(Kommentar: Werner Pelz / Mail: wpelz@bezirksblaetter.com / Tel.: 0699 139 90 217)