Bio Austria-Chef im Zwielicht
Unregelmäßigkeiten, Polizeiermittlungen und Rücktrittsaufforderungen erschüttern Bio-Dachverband. Landwirte fordern den Rücktritt von Bio Austria-Boss Erlach. (Artikel vom 28. Sep. 2011)
BEZIRK ST. PÖLTEN/NÖ/WIEN (wp). Im Niederösterreich-Ableger von BioAustria gärt es. Eine Krisensitzung folgt der nächsten. Erst vor wenigen Wochen hat sich der Dachverband der Biobauern Niederösterreichs, des Burgenlands und Wiens von einer Beteiligung an der Bio-Qualitätsgetreide GmbH (BQG) getrennt und damit die Notbremse gezogen. Die Sache war dem niederösterreichischen BioAustria-Chef Karl Erlach wohl zu heiß geworden. Die eigens im Vorjahr gegründete Vermarktungsfirma BQG sollte die Verpflichtungen der ihrerseits in Insolvenz geratenen Agentur für Biogetreide übernehmen. Hier zog Andreas K., der bereits wegen schweren Betrugs mit Biogetreide verurteilt wurde, die Fäden. Unregelmäßigkeiten, verschwundene oder verdorbene Getreidemengen und Außenstände möglicherweise in Millionenhöhe lassen die Biogetreidebranche nun zittern.
Betretungsverbot
Der neue Eigentümer der BQG, der nun auch die Anteile von BioAustria hält, verbat sich eine Prüfung durch BioAustria-Kontrollore. „Erlach hatte verabsäumt, die Einsichtnahme mittels Vertrag zu sichern“, erzählt ein Bauer aus der Region.
Zorn der Bauern ist groß
In einer von BioAustria vorige Woche einberufenen Arbeitssitzung kochte dann auch der Zorn der Bauern hoch: Von Geldverschiebung, Verletzung der Sorgfaltspflicht und Vertuschung war die Rede. „Der BioAustria-Vorstand ist rücktrittsreif“, bringt es ein prominenter Neulengbacher Bio-Bauer auf den Punkt. „Wir Bauern werden seit Monaten belogen: Man versprach uns im Juli, dass wir unser Geld für die Ernte 2010 bekommen. Jetzt soll Ende September ausbezahlt werden.“
Vierbauch: "Rücktritt wäre für die Organisation leichter"
Dem Bundeschef von BioAustria Rudolf Vierbauch reicht es: „Es ist entweder naiv oder fahrlässig, was da in Niederösterreich passiert.“ Er fordert Erlachs Rücktritt. Ein Durchgriffsrecht hat er allerdings nicht. "Da kann nur der Vorstand in NÖ reagieren. Ich kann nur darauf aufmerksam machen." Er erachtet es als Fehler, dass Erlach vor der Abgabe der BQG-Anteile den Fortlauf der Prüfung nicht geregelt hat.
Erlach: "Vorwürfe haltlos"
Erlach wehrt sich: „Die Vorwürfe sind völlig haltlos.“ Er gibt aber zu, „dass ein gewisser finanzieller Schaden entstanden ist“. Einen sofortigen Rücktritt lehnt er ab: „Ich werde meine Position 2012 zur Verfügung stellen. Jetzt versuche ich, die Sache zu bereinigen.“ Mit Ende September wolle Erlach dafür sorgen, dass ausstehende Gelder an die Bauern bezahlt werden. Aber er wolle sich nicht festlegen; es könne auch etwas später sein. Eine Summe von etwa 1 Mio Euro steht im Raum. "Es gibt noch Streitfälle, etwa auch mit Getreidelagerstätten. Es traten auch Versicherungsfälle durch verdorbene Ware ein. Das ist mit ein Grund warum Geld zeitverzögert ausbezahlt wird."
Erlach denkt über eine Abkoppelung der Niederösterreicher vom „zentralistischen Einheitsbrei von BioAustria“ nach.
Außerdem glaubt er, dass eine Zentralfigur des Getreidehandels, der wegen schweren Betrugs verurteilte Andreas K., mit dem Bio Austria intensive Geschäfte führte, "auch Zukunft eine große Rolle im Biogetreidehandel spielen wird". Erlach: "K. ist ein guter Fachmann, ich spüre ihn in vielen Bereichen der Getreidevermarktung." Selbst wolle er aber mit K. nicht mehr zusammenarbeiten.
BIO AUSTRIA-VORSTAND IST RÜCKTRITTSREIF (KOMMENTAR)
Bauern warten weiter auf das ausstehende Geld (Artikel hier klicken)
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