Zehn Millionen gegen Tierschutz
Martin Balluch über seine Rolle als „Staatsfeind Nummer 1“ und die Kosten
Martin Balluch (47, links) stand als mutmaßlicher Terrorpate 14 Monate in Wiener Neustadt vor Gericht. Der Freispruch des Tierschützers ist nun rechtskräftig.
Talk bei P3TV. Das gesamte Gespräch sehen Sie ab Freitag dem 27. Juli im Kabelfernsehen der Kabelsignal, in A1TV, über Satellit auf Astra digital und im Web unter http://www.p3tv.at oder direkt hier unter diesem Beitrag.
Herr Balluch, Sie waren Staatsfeind Nummer 1 in Österreich. Was macht Sie so gefährlich?
Martin Balluch: „Ich setze mich seit 1984 für Tierschutz ein. Mit dem Verein gegen Tierfabriken hatten wir Erfolge wie das Verbot von Legebatterien. Das kostete der Tierindustrie Geld.“
Sie haben Lobbying für den Tierschutz gemacht und das wurde ja positiv gesehen.
„Österreich war offiziell stolz. Wir hatten das erste Pelzfarmverbot der Welt, das erste Verbot von Wildtieren im Zirkus, das erste Verbot von Menschenaffen-Versuchen. Das waren Fortschritte, die international von Bedeutung waren.“
Dann hat sich dieser Stolz gewandelt und Sie sind verfolgt worden. Was war der Anlass?
„Vorgeschobener Anlass war, dass der Mercedes eines Firmenbesitzers, gegen dessen Firma eine Kampagne gelaufen ist, beschädigt wurde.“
Was war die Beschädigung?
„Das Auto wurde mit roter Farbe übergossen. Der Besitzer hat den Innenminister Platter angerufen, offenbar kennen die sich persönlich. Am nächsten Tag gab es eine Sitzung der Polizeispitze Österreichs, eine Sonderkommission wurde gegründet.“
Es wurde eine mafiöse Organisation konstruiert und da hat der Rechtsstaat die schwersten Geschütze aufgefahren, die ihm zur Verfügung stehen. Ihre Wohnung wurde verwanzt, Ihr Auto mit einem Peilsender versehen, Telefone mehr als ein Jahr abgehört, zwei Spitzel in Ihr Büro eingeschleust. Wurden konkrete Straftaten bewiesen?
„Nein, überhaupt nicht. Das ist über Jahre gegangen. Es gab auch eine Videokamera am Eingang zu unserem Büro. Diese Operationen haben keinen Hinweis auf eine Straftat geliefert. Ich glaube, die Soko hatte nicht den Auftrag Straftaten aufzudecken, sondern den Verein gegen Tierfabriken zu zerstören.“
Was hat diese Überwachung dem Steuerzahler gekostet?
„Das dürften zehn Millionen Euro sein. Diese Sonderkommission hatte 35 Beamte, die aus der Mordkommission abgezogen wurden. Hier hat man politisch entschieden: Bevor wir Morde aufklären, verfolgen wir einen Tierschutzverein.“
Obwohl keine Straftaten gefunden wurden, ist es zu einem Prozess in Wiener Neustadt gekommen, der über ein Jahr gedauert hat. Wem sind Sie im Weg gestanden?
„Für die Tierindustrie ist unsere Tätigkeit gefährlich, die Jägerschaft ist nicht erfreut und wir wissen ja mittlerweile, dass die Jägerschaft ein Netzwerk in den höchsten Kreisen bildet. Das Ganze hat nach 14 Monaten Prozess in einem totalen Freispruch geendet. “
Was hatte das für finanzielle Konsequenzen?
„Ich war dreieinhalb Monate in Haft. Ich wurde jahrelang mit diesem Verfahren bedroht. Das Verfahren wurde 14 Monate durchgezogen. Ich musste Anwälte zahlen, Privatdetektive einsetzen, um zu beweisen, dass es diese Spitzel gab. Diese Spitzel wurden beim Prozess ja verschwiegen. Es war typisch, alles was entlastend für uns ist zu verheimlichen. Allein die Verteidigungskosten pro Angeklagtem sind 500.000 Euro.“
Trotz allem hat man Sie nicht mundtot gemacht. Ihr Kampf gegen Tierleid geht weiter. Der Verein gegen Tierfabriken fährt derzeit eine große Kampagne gegen Tierversuche.
„Das Problem ist, dass in Österreich jeder Tierversuch genehmigt wird, er muss nur so human wie möglich sein. In Himberg südlich von Wien gibt es ein Tierversuchslabor, da hat man 49 Ratten knapp vor ihrer Geburt aus der Gebärmutter geschnitten, lebend 20 Minuten unter Wasser gehalten und dann den Rest ihres Lebens beobachtet, weil sie einen Gehirnschaden entwickelt haben. Solche Versuche können stattfinden. Wir fordern ein neues Tierversuchsgesetz, in welches Tierschutz einfließt. Versuche wie dieser, die rein aus wissenschaftlicher Neugier stattfinden, müssen verboten werden.“
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