Landschaft besser schützen
Heftig kritisiert: Gesetz erlaubt Heurigen, den Naturschutz zu umgehen
Eine geplante Buschenschank in der Kritzendorfer Flexleiten sorgt ob ihrer – bereits im Rohbau stehenden – Größe für Aufregung. Der ehemalige Grüne-Gemeinderat Erich Wonka nimmt den Heurigen als Anlass zu einer generellen Kritik an der Gesetzgebung.
KLOSTERNEUBURG (cog). Erich Wonka saß 15 Jahre lang im Planungsausschuss der Stadt und weiß, wo Tücken lauern: „Bis vor ein paar Jahren brauchten Heurigenbetriebe im Grünland eine entsprechende Flächenwidmung. Nach einer Gesetzesnovelle ist diese nicht mehr notwendig, die Gemeinde hat, sofern sie keine Hofstelle bewilligt, also kein Mitspracherecht.“ Denn: Im Grünland gibt es keine Bauvorschriften, darum kann die Baubehörde auch nichts machen. Wonka ärgert vor allem, dass ein „Normalbürger“ im Grünland nicht einmal eine Gartenhütte aufstellen darf, Landwirten aber selbst in Natura-2000- und Landschaftsschutzgebieten Tür und Tor geöffnet seien – wie der Fall in der Flexleiten zeige. Erst nach Protesten steht dort eine Naturverträglichkeitsprüfung an. „Diese Gesetzgebung ist eine Katastrophe und gehört repariert“, findet Wonka.
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DIE KRITIK DER GRÜNEN IM WORTLAUT
Grüne in Klosterneuburg fordern mehr Schutz für Landschaftsschutz oder Natura 2000-Gebiet in Niederösterreich. Problem dabei sind vor allem die Errichtung von Gebäuden für Buschenschanken. Braucht man wirklich nur für den Betrieb einer Buschenschank ein so großes Gebäude wie dass in Kritzendorf?
Besonders verlockend ist es, eine Buschenschank im Grünland zu errichten, das an das Bauland angrenzt. Da nach dem NÖ Raumordnungsgesetz dabei keine Flächenwidmungsplanänderung von Grünland in Bauland notwendig ist, hat die Gemeinde auch keinerlei Möglichkeit, solche Bauten zu verhindern. Nicht einmal dann, wenn es durch den Buschenschankbetrieb zu einem hohen Verkehrsaufkommen kommt und damit zu einer massiven Lärmbelästigung in diesem Gebiet. Die Errichtung derartiger Buschenschanken unterliegt nicht einmal den Bebauungsbestimmungen (z.B. einer maximalen Gebäudehöhe und Gebäudefläche) wie sie im Bauland vorgeschrieben sind.
Solange in den Bezirkshauptmannschaften die Naturschutzgutachten hinter verschlossenen Türen erstellt werden, und die Öffentlichkeit (nur die Anrainer, falls überhaupt vorhanden) keinen Zugriff auf die Bescheide haben, besteht keine Möglichkeit zu kontrollieren, nach welchen Kriterien die Naturschutzbehörde bei der Erstellung der Gutachten vorgegangen ist.
Wer glaubt, dass die Errichtung derartiger Gebäude im Landschaftsschutzgebiet oder Natura-2000 Gebiet automatisch ein Naturschutzgutachten notwendig macht, irrt sich ebenfalls. Nach der derzeitigen Gesetzeslage wird nur dann ein Naturschutzgutachten für die Errichtung einer Buschenschank erstellt, wenn irgend eine Person bei der Umweltanwaltschaft diesbezüglich ein Ansuchen stellt. Nachdem aber alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, fragt man sich, wer das sein soll.
Leider fällt der Naturschutz in Österreich in den ausschließlichen Kompetenzbereich der Bundesländer. D.h. es gibt 9 verschiedene Landesnaturschutzgesetze und kein „Bundesnaturschutzgesetz“ wie das z.B. in Deutschland der Fall ist. Die Vorgangsweise, wie man mit dem Naturschutz umgeht, variiert von Bundesland zu Bundesland zum Teil sehr stark. Niederösterreich hat dabei sicherlich einen Nachholbedarf.
Das Gesetz besagt, dass Vorhaben in Schutzgebieten wie z.B. Nautra-2000 Gebieten, die sich auf die Schutzgüter negativ auswirken können, auf ihre Naturverträglichkeit zu prüfen sind. Wenn es durch das geplante Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Schutzgütern kommt, sollte von der Behörde keine Bewilligung erteilt werden. In einem Landschaftsschutzgebiet muss u.a. darauf geachtet werden, das durch Eingriffe die landschaftliche Schönheit und ihre Eigenart erhalten bleibt (siehe dazu Verordnung über die Landschaftsschutzgebiete).
Ein Beispiel wie die Praxis aussieht.
März 2008 hatte die Familie Karlsburger eine Baubewilligung für die Errichtung einer Buschenschank im Grünland erhalten. Die Fläche, wo die Buschenschank errichtet werden sollte, war zu diesem Zeitpunkt bereits als Natura 2000-Gebiet. Auch liegt diese Fläche im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald. Genehmigt wurde eine Buschenschank sogar für 96 Personen und über 27 PKW-Abstellplätze. Und das in einem Schutzgebiet.
Da die Familie Karlsburger bei der Buschenschank auch Wohnräume errichten wollte, suchte sie bei der Gemeinde um eine Flächenwidmungsplanänderung von Grünland in Hofstelle an.
Die Umwidmung von Grünland in Hofstelle wurde von der Gemeinde abgelehnt. Vor allem deshalb, da es sich hier um ein Schutzgebiet handelt und die Verkehrssituation sich durch die Errichtung einer Hofstelle noch mehr zuspitzen würde, als es durch die Errichtung einer Buschenschank sowieso schon der Fall ist.
Es gibt eine Baubewilligung für das Erdgeschoss (hier befindet sich der Keller für die Kellerwirtschaft und Geräte wie z.B. Traktor) und das Erdgeschoss. In diesem befindet sich der eigentliche Buschenschankbetrieb auf einer Fläche von 220 Quadratmeter.
Die Grünen Klosterneuburgs fragten bei der Umweltanwaltschaft in St. Pölten an, ob es für die Errichtung der Buschenschank ein Naturschutzgutachten gibt.
Es erfolgte eine Baueinstellung seitens der Baubehörde Klosterneuburgs, da das Gebäude nicht mit den eingereichten Plänen übereinstimmt.
ZUM HEURIGEN IN KRITZENDORF: Heuriger in Kritzendorf. Die Genehmigung für dieses Betriebskonzept erfolgte vom Gebietsbauamt Mödling. Es gibt anscheinend keine Richtlinien in NÖ, wie groß eine Buschenschank sein darf. Während im Bauland strenge Bebaungsvorschriften hinsichtlich der Größe und Höhe vorhanden sind, kann ein Landwirt im Grünland anscheinend ohne nennenswerter Einschränkungen bauen. Er muss nur den Gutachter beim Gebietsbauamt Mödling überzeugen, dass er so ein großes Gebäude für seinen Betrieb benötigt.
Während der Bauarbeiten erfolgten massive Eingriffe in das Grünland. Das Baum- und Strauchwerk entlang der Böschung wurde gerodet, abgetragen und die Straße verbreitert. Dies obwohl größere Erdbewegungen in einem Grünland und schon gar nicht in einem Landschaftsschutzgebiet bzw. Natura 2000-Gebiet erlaubt sind. Dass derartige Erdbewegungen in einem Grünland und schon gar nicht in einem Schutzgebiet von der Baubehörde genehmigt werden, ist höchst unwahrscheinlich.
Kritik der Grünen: Die Grünlandflächen im Besitz der Familie Karlsburger sind so angelegt, dass auch andere Standorte für die Errichtung der Buschenschank in Frage kämen. Ursprünglich war auch eine wesentlich kleinere Buschenschank unmittelbar neben der Straße (Flexleiten) vorgesehen (war noch 2007). Man hätte die Buschenschank in dieser Größe und entlang der Straße errichten sollen, und nicht an einer aus naturschutzfachlicher Sicht sehr exponierten Stelle. Man hätte dadurch die in das Schutzgebiet hineinführende Zufahrtsstraße und Geländeveränderungen vermeiden können.
Kritik der Grünen am Naturschutzgesetz: Während in einem niederösterreichischen Schutzgebiet die Instandsetzung von alten Gerätehütten bis auf wenige Ausnahmen nicht erlaubt ist, unterliegen die Bauvorhaben von Landwirten keinen Einschränkungen. Besonders problematisch ist die Neuerrichtung von Buschenschanken. Wird eine Buschenschank errichtet, ist in Niederösterreich nicht einmal eine Flächenwidmungsplanänderung notwendig. Es muss nur ein landwirtschaftliches Betriebskonzept vorgelegt werden. D.h. der Weinbauer muss nur nachweisen, dass er ausreichend viele Weingartenflächen besitzt, um die Buschenschank betreiben zu können. Bevorzugte Lagen sind dabei an Bauland angrenzende Grünlandgebiete, was de facto eine Siedlungsausweitung bedeutet. Dies steht im Widerspruch zum Raumordnungsprogramm „Wien-Umland“, wo in Klosterneuburg die Siedlungsgrenzen nicht mehr weiter ausgedehnt werden dürfen.
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