„Hinterfotzig zum Quadrat!“

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INNSBRUCK. Mit dem Antrag, eine Volksbefragung über das neue Stadtrecht zu initiieren, hatte Vizebgm. Franz Gruber das Vertrauen der anderen Fraktionen gebrochen. Deren Reaktionen muteten jedoch an, als hätte er die Heiligsprechung Gaddafis gefordert.

Es hätte eine Sternstunde des Innsbrucker Parlamentarismus werden können. Nach Jahrzehnten der Diskussion steht seit vergangenem Donnerstag die Vorlage zur Reform des Stadtrechts samt Bürgermeister-Direktwahl. Doch anstatt in der Sitzung des Gemeinderates diesem historischen Ereignis einen würdigen Rahmen zu geben, sorgten Querschüsse der ÖVP-Fraktion für eine emotionale Eskalation. Vizebgm. Franz Gruber hatte einen dringlichen Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung zum neuen Stadtrecht gestellt, was von allen anderen Fraktionen als Vertrauensbruch interpretiert wurde.

„Dieses Vorgehen war eine derartige politische Hinterfotzigkeit, das war das Letzte, die Leute so auflaufen zu lassen, alle, die da mitgemacht haben – wir waren einvernehmlich – das ist hinterfotzig zum Quadrat“, schäumte etwa SP-Klubchef Arno Grünbacher. Aber auch der ansonsten eher besonnene FI-GR Helmut Schuchter – seines Zeichens Vorsitzender der Stadtrechtsreformkommission – machte seinem Ärger Luft: „Übriggeblieben ist nur eines, eine Zeitverzögerung. 40 Personen sind hier, die die Verantwortung haben, dass wir nicht die 100.000 Personen da draußen fragen müssen, was wir tun sollen. Vizebgm. Gruber missbraucht es, Anträge zu stellen, nur mit dem Kalkül, etwas zu verzögern.“

Gruber erntet Kritik und Spott
„Ich habe mich gewundert über diesen Antrag und glaube, er ist das Ergebnis einer höheren Einflüsterung“, spottet auch Grünen-GR Gerhard Fritz. „Inhaltlich ist der Antrag eine Frechheit. Wir sind unter Zeitdruck. Wir müssen diese Sache rechtzeitig beschließen, um der Landeslogistik genügend Zeit zu geben, über das neue Stadtrecht drüberzusehen“, stellt er klar. „Franz, du hast ein richtiges Feuer angezündet. Und dieser Blitzeinfall, der dir über Nacht gekommen ist, war nicht gerade der Beste“, rügt auch Seniorenbund-Obmann Helmut Kritzinger. Auch Bgm. Christine Oppitz-Plörer betont, „dass wenn sich alle Fraktionen zusammenfinden und zusammenarbeiten, es etwas Einmaliges ist. Ich hätte mir gewünscht, dass diese positive Stimmung hinausgetragen wird. Es tut mir Leid um diese positiven Momente des Teams.“ Zudem mahnt die Bürgermeisterin: „Die Schmerzgrenze war heute erreicht, und das merkt man an allen Reaktionen.“

Einzig GR Christian Kogler versuchte, am Boden der Tatsachen zu bleiben. „Das war kein schweres Faul! Ich traue es den Leuten zu, darüber abstimmen zu können“, so Kogler.

Schwarze Riege erstaunlich ruhig
Von Seiten der ÖVP-Mandatare gab es zur Causa hingegen kaum Wortmeldungen. Einzig GR Martin Krulis sprang seinem Stadtparteichef zur Seite. Allerdings trug dessen Zwischenruf „Das gehört zur Taktik“ nicht unbedingt zur Beruhigung der Situation bei. Die anderen vier VP-Mandatare machten von ihrem Rederecht keinen Gebrauch, was die Vermutung nahelegt, dass Gruber auch intern nicht ungeteilte Zustimmung für seinen Vorstoß gefunden haben dürfte. „Ich bin zutiefst überzeugt, dass eine derart wichtige Materie wie die Reform des Stadtrechts von den Bürgern legitimiert werden muss. Daher habe ich diesen Antrag eingebracht. Mir jetzt vorzuwerfen, dass ich etwas verzögern möchte, ist lächerlich. Dafür hätte es in den vergangenen Monaten mehr als genug Gelegenheiten gegeben“, kontert Gruber. Zudem betont der VP-Chef, dass er voll und ganz zum Reformvorschlag stehe. „Das habe ich auch so kommuniziert. Deshalb verstehe ich die Aufregung über meinen Antrag nicht.“

Zur Sache: Volksbefragungen in Innsbruck
lt. Präsidial- und Rechtsangelegenheiten-Amtsvorstand Dr. Stephan Crepaz:
Die Volksbefragung ist im § 43 ff. des Innsbrucker Stadrechts geregelt: Der Gemeinderat müsste eine Volksbefragung beschließen und festlegen, wann diese durchgeführt wird. Die Befragung muss innerhalb von fünf Wochen ab Beschluss an einem Sonn- oder gesetzlichen Feiertag stattfinden. Die Befragung und die konkrete Frage muss mindestens zwei Wochen vorab kundgemacht werden.

Die Frage muss so gestellt sein, dass sie nur mit ja oder nein zu beantworten ist. Mindestens die Hälfte aller Stimmberechtigten müssen an der Befragung teilnehmen. Mit Stichtag 1.1. 2011 gibt es in Innsbruck 95.323 Wahlberechtigte.
Von diesem Stimmen muss dann wieder die Hälfte zu- oder dagegenstimmen. Die Befragung ist in Innsbruck also gültig, wenn 47.662 Personen wählen, davon müssten 23.831 InnsbruckerInnen zustimmen.

Das Ergebnis einer solchen Volksbefragung ist für den Gemeinderat verbindlich.

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