Frau Holle ist eine Maschine
Unsere Tourismusorte sind abhängig vom (Kunst-)Schnee
In Tourismusorten wie Flachau ist Schnee das Um und Auf der Wintersaison. Wenn das „weiße Gold“ nicht rieselt, bleiben die Gäste aus und die Hotels leer. Dass dieser Fall nicht eintritt, dafür sorgen die „Schneemänner“ aus Flachau.
FLACHAU (jb). Eine romantische Vorstellung: Es wohnt eine alte Frau in einem kleinen Haus und wenn sie ihre Polster und Decken ausschüttelt, beginnt's im Pongau zu schneien – aber was, wenn die gute Dame zu schütteln vergisst oder den Winterbeginn verschläft? Kein Problem für den Pongau. „Wir haben für unser Skigebiet Flachau über 200 ‚technische Frau Holles‘“, scherzt der gesamttechnische Leiter der Flachauer Bergbahnen Michael Emberger, der mit seinem Schneemeister Hans Fischbacher und 13 „Beschneiern“ für winterliche Stimmung auf den Pisten Flachaus zuständig ist. Damit sind diese „Schneemänner“ mit die wichtigsten Personen in der Flachauer Skisaison: Denn ohne Schnee keine Skifahrer bzw. Gäste und damit kein Wintertourismus. „Seit es Beschneiungsanlagen gibt, ist der Druck auf die Skigebiete stark angestiegen. Die Hotels sind ab dem Saisonbeginn gebucht und die Gäste erwarten auch das Skiangebot, das sie quasi mitgebucht haben“, beschreibt der technische Leiter, der mit seinen Männern damit die Basis für den Seilbahn- und Tourismusbetrieb legt.
Wer denkt, nur wenn's nicht schneit, wird künstlich nachgeholfen der irrt: „Wenn die Gegebenheiten da sind, das heißt bei minus vier Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent, beschneien wir“, erklärt Emberger, der damit den Saisonstart absichert. „Heuer haben wir die Schneekanonen bereits Ende Oktober zum ersten Mal gestartet“ – nur so kann Flachau für Schneesicherheit garantierten, denn: „Kunstschnee zu erzeugen ist unumgänglich geworden.“
Das Geschäft mit dem Schnee
Wie funktioniert die Beschneiung und was braucht es dazu? Wer, wenn nicht der technische Leiter Emberger, kann das erklären? „In Flachau beschneien wir die 150 Hektar Pistenfläche mit insgesamt 200 mobilen, und damit flexibel einsetzbaren Niederdruckschneeerzeugern, die das zugelieferte Wasser mittels Luftstrom über der Piste als Schnee verstreuen“ – nur Wasser und Druckluft benötigt es zur Schneeerzeugung – damit unterliegt Flachau dem „Salzburger Reinheitsgebot“. „Sogar das Wasser wird auf seine Qualität überprüft, damit für die Umwelt keine Probleme entstehen.“ Das verwendete Wasser kommt in Flachau aus fünf Speicherbecken mit einem Gesamtspeichervolumen von 180.000 m3. „Aus einem Kubikmeter Wasser werden 2,3 bis 2,5 m3 Kunstschnee erzeugt“, erklärt Emberger. Die Flachauer werden aber nicht verdursten – „keineswegs, der Wasserversorgungsspeicher ist von der Trinkwasserversorgung völlig entkoppelt. Das Wasser muss ja kurzfristig zur Verfügung stehen.“ Pro Skisaison wird mit dieser Technik eine Million Kubikmeter Schnee erzeugt. „In 120 Stunden ist snow space Flachau theoretisch komplett beschneibar“, weiß der technische Leiter.
Auch auf Kunstschnee carvt/kurvt man gut
Kunstschnee legt zwar ein anderes Bindungsverhalten als Naturschnee an den Tag, dennoch spürt man den Unterschied beim Fahren kaum. „Da wir die Pisten täglich bearbeiten und präparieren, erfolgt eine ständige Vermischung von Natur- und Kunstschnee. Aber es gab tatsächlich schon Saisonen, in denen man nur auf Kunstschnee gefahren ist“, weiß Emberger. Während auf der „normalen“ Piste die Grundbeschneiung mit einer ca. 40 bis 50 cm-Schneedecke bereits vergangene Woche abgeschlossen wurde, wird auf der Weltcupstrecke noch mehr Schnee gebraucht. Da die Präparierung einer Rennpiste andere Verhältnisse fordert, muss auch die Schneedecke eine höhere sein. „Mit 60 bis 70 cm Kunstschnee sichern wir uns für den Nachtslalom am 11. Jänner 2011 ab“, resümiert der Flachauer „Schneemann“. Einem carvigen/kurvigen Winter steht also nichts mehr im Wege.
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