Artur Nikodem: "Kunst ist Schaffen aus seiner Seele"

Aktstudie | Foto: Sammlung Ing. Martin Krulis
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(mh). Wie bereits exklusiv berichtet, wird im Hause „Pichl“ in Mutters durch seinen Urenkel Ing. Martin Krulis das „Nikodem-Museum“ errichtet. Wir erkundigten uns bei Ing. Krulis: Wer war Artur Nikodem?

In der Zeit vor und um die Jahrhundertwende (Nikodem lebte von 1870 bis 1940) formten den jungen Künstler Artur Nikodem impressionistische und sezessionistische Einflüsse. Seine eigenständigen Aussagen führten zur monumentalen und figuralen Malerei. Besonders zu erwähnen sind die großflächigen Landschaftsdarstellungen Süd- und Nordtiroler Orte. Ein besonderes Merkmal waren die zahlreichen Birkendarstellungen, die oft symbolhaft eingesetzt wurden. Albin Egger-Lienz und Alfons Walde waren seine Weggefährten.
Berühmte Bilder Nikodems sind u.a. „Die Naviser Bäuerin“, „Die Heuträger“, „Birken am Hang“ und die zahlreichen Porträts seiner Modelle. Gegen Ende seiner Laufbahn wurden seine Ölgemälde immer kleiner, da ihm das notwendige Geld zum Ankauf von Farben und Leinwand fehlte. Der kürzlich verstorbene Professor Wilfried Kirschl – ein guter Freund des Urenkels Martin Krulis – wollte immer ein monumentales Werk über Artur Nikodem herausbringen, was jedoch aufgrund seines plötzlichen Todes nicht mehr gelang.

Vom Maler zum Kunstfotografen

„Es ist eine seltene und wunderbare Gelegenheit, künstlerische Arbeiten zu entdecken, die zuvor unbeachtet blieben“, sagt sein Urenkel, der mit großem Respekt die Fotosammlung seit mehr als vierzehn Jahren betreut und zu internationalem Ruhm (siehe Kasten links) geführt hat.
Nikodems Fotografien können in zwei Kategorien klassifiziert werden. Die orientalischen Motive (1916 – 1918) stammen aus der Zeit seines Aufenthaltes in der Türkei, wo er als k. u. k.-Telegrafenoffizier stationiert war. „Die besonderen Lichtverhältnisse, aber auch das Spiel zwischen Licht und Schatten haben Nikodem besonders in Istanbul fasziniert. Dies spiegelt sich in zahlreichen Originalaufnahmen aus dieser Zeit wider,“ weiß Martin Krulis.

Frauendarstellung

Ein anderer Bereich, der auf Nikodem besondere Faszination ausübte, waren die Abbildungen von Frauen in seinem Leben – meistens viel jüngere Lebensgefährtinnen und Geliebte. Diese Bilder lassen das Verhältnis des Künstlers zu seinen Frauen erkennen, die von einer erotischen Spannung bestimmt sind und an den körpersprachlichen Ausdruck in Egon Schieles Werken erinnern.
Krulis: „Man kommt nicht umhin, eine Parallele zwischen Nikodem und dem großartigen Fotografen des 20. Jahrhunderts, Alfred Stieglitz, zu ziehen. Nikodem kannte auch die Fotografie von Heinrich Kühn, einem der ganz großen Tiroler Fotografen mit Weltruhm. Beide Künstler – Kühn wie Nikodem – zeigen dieselbe Sensibilität in Bezug auf die ausgewählten Motive und präsentieren ihre Bilder neusachlich. Interessant ist, dass Nikodems Fotografien eigenständige Werke sind. Ebenso dass seine gemalten Bilder vollkommen unabhängig von den Fotografien entstanden sind.“

Breite Palette des Schaffens

Die frühesten Lichtbilder Nikodems entstanden um 1914 in Bulgarien, gefolgt von mehr als 200 Aufnahmen in der Türkei. Weitere Fotografien entstanden auf seinen zahlreichen Wanderungen in Tirol. Dramatische Bergaufnahmen, aber auch Architekturbilder von Innsbruck, Aufnahmen in München mit einer kleinen Serie aus dem Münchner Tierpark Hellabrunn kennzeichneten seinen Weg. Ein weiterer Bereich der Fotokunst Nikodems sind Stillleben, Inszenierungen, wie z.B. das bekannte Bild „Vase/Vogel/Feder“. Berühmt wurden besonders die Porträts seiner zweiten Frau Barbara, deren Abbildungen in ihrer Vielfältigkeit nicht zu überbieten sind. Barbara als „Vamp“, als „strickende Hausfrau“, Barbara mit Orange oder Barbara in Männerkleidern mit Krawatte wurden sehr oft gezeigt.
Ing. Martin Krulis wird das fotografische Schaffen des großen Künstlers im neuen Museum im Café „Pichl“ präsentieren: „Alle diese Arbeiten werden nun in Mutters eine zentrale Heimat bekommen und das fotografische Werk Nikodems im Zeitalter der digitalen Fotografie in ein interessantes Spannungsfeld setzen.“

Zur Sache:

1982 wurde in der Stadtturmgalerie Innsbruck die erste Ausstellung von Prof. Kirschl unter dem Titel „Lichtbilder eines Malers“ organisiert und gezeigt.
2000: Ausstellung „Eros und Tod“ als Sonderschau auf der Kunst- und Antiquitätenmesse in Innsbruck.
2001: Ausstellung im Auktionshaus Neumeister in München. Fotografien der 20er- und 30er-Jahre in der Fotogalerie Rupertinum Salzburg zum Thema „Das neue Sehen.“
2002 wurden die Fotografien in der führenden Fotogalerie Amerikas, der „Robert Mann Gallery“ in New York, gezeigt. Es folgte die Ausstellung Arnulf Rainer – Artur Nikodem in der „m-fotografie-bochum“
2004: Ausstellung in Iserlohn mit Andre Kertesz
Es folgten Beteiligungen auf den namhaftesten Fotografiemessen, z.B. Art Chicago 2001 und 2002, Art Cologne 2002, Foto Paris im Louvre 2002 sowie eine große Einzelausstellung nach Cartier-Bresson im „The Museum of Photography in Seoul“, Südkorea, wo 80 Originalfotos gezeigt wurden.
Ing. Martin Krulis: „Bei der Eröffnung der Ausstellung in Seoul war ich besonders beeindruckt vom großen Interesse der jungen Fotografie-
studenten, die immer wieder die Frage stellten, wie man seinerzeit mit so einfachen Kameras diese Qualität erreichen konnte. Meine Antwort darauf: Die Kamera ist ein wichtiger Bestandteil, noch wichtiger ist aber die Komposition des Motivs und der exakte Bildausschnitt sowie das perfekte Einfangen von Licht und Schatten!“

Das sagen die ExpertInnen:

„Die Fotografien von Artur Nikodem stellen eine Entdeckung dar, ein Parallelphänomen, denn was in der Malerei durch das Medium transformiert und transzendierte Realität wird, also eben Malerei, wird in der Fotografie mit größter Intensität der Dinge und Körper in der Zeit gegenwärtig.“
Prof. Peter Weiermair aus Artur Nikodems „Eros und Tod“ – den beiden thematischen Eckpfeilern der Fotografie von Artur Nikodem

Zwischen piktorialistischer Weichzeichnung und scharfer Expressivität, zwischen schön-
linigem Secessionsstil und kantigen Perspektiven entwickelt sich das fotografische Oeuvre des Malers Nikodem im kleinen bis winzigen Format – ein Lebensbericht wie ein Bilderbogen, visualisierte Gedichte und Hymnen an die Geliebte, an die Natur, an das einfache Leben.
Dr. Margit Zuckriegl aus „Das neue Sehen“, Fotografien der 20er und 30er-Jahre aus der Sammlung der österreichischen Fotogalerie Rupertinum

„Nikodem made love to Barbara with his camera, taking marvelously casual pictures of her feet, her hands, her naked back, as she ate fruit or sat in a chair.“
Margarett Loke, New York Times

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